Zum Nachdenken

  • Tod der Unschuldigen
  • Mit 79 km/h durch das Ortsgebiet
  • Wie der Feuerwehrmann einen Einsatz erlebt
  • ... und keiner geht hin
  • Feuerwehrmann, du hast keine Chance
  • Gedanken nach der Feuernacht in Tamsweg

Tod der Unschuldigen

Ich ging zu einer Party, Mama, ich erinnerte mich, was Du sagtest. Du ermahntest mich, nicht zu trinken, Mama, also trank ich Soda stattdessen. Ich fühlte mich richtig stolz, Mama, so wie Du es mir vorausgesagt hattest.

Ich habe nicht getrunken, um dann zu fahren, Mama, obwohl mir die anderen sagten, es sei nichts dabei. Ich weiß, ich tat das Richtige, Mama, ich weiß, Du hast immer recht. Nun ist die Party zu Ende, Mama, und alle fahren sie fort. Als ich in meinen Wagen stieg, Mama, wußte ich, ich würde rasch nach Hause fahren, weil Du mich so erzogen hast, verantwortungsbewusst und lieb.

Ich fuhr also los, Mama, aber als ich auf die Straße auffuhr, sah mich der andere Wagen nicht, Mama, er fuhr einfach über mich drüber. Als ich lag auf dem Asphalt, Mama, hörte ich den Polizisten sagen, "Der andere Typ war betrunken", Mama, Und nun bin ich es, die bezahlen wird.

Ich liege hier sterbend, Mama... Ich wünsche Du wärst bald hier. Wie konnte das geschehen, Mama? Mein Leben zerplatzte wie ein Ballon. Überall um mich ist Blut, Mama, das meiste davon ist meins.

Ich höre den Arzt sagen, Mama bald werde ich sterben. Ich wollte Dir nur sagen, Mama, ich schwöre, ich hab nichts getrunken. Es waren die anderen, Mama, die anderen haben nicht nachgedacht. Er war wohl auf derselben Party wie ich. Der einzige Unterschied ist, er hat was getrunken Und ich werde sterben.

Warum betrinken sich die Leute, Mama? Es kann ihr ganzes Leben zerstören. Jetzt fühl ich heftige Schmerzen. Es sticht wie ein Messer. Der Typ, der mich anfuhr, der geht, Mama, und ich denke, das ist nicht fair. Ich liege hier im Sterben Und alles, was er kann, ist, zu starren.

Sag meinem Bruder, er soll nicht weinen, Mama, schreibt "Papas Mädchen" auf mein Grab. Jemand hätte ihm sagen sollen, Mama, kein Alkohol hinter dem Steuer. Wenn sie es im bloß gesagt hätten, Mama, wäre ich noch am Leben.

Mein Atem wird kürzer, Mama, ich bekomme solche Angst. Bitte, weine nicht um mich, Mama. Du warst immer da, als ich Dich brauchte. Ich hab ich nur noch eine letzte Frage, Mama.

Bevor ich mich verabschiede. Ich bin nicht betrunken gefahren, also warum bin ich diejenige, die stirbt?


Mit freundlicher Genehmigung von fireworld.at

Mit 79 km/h durch das Ortsgebiet

Denk doch bei der nächsten Heimfahrt mal an diese Geschichte:

Andi schaute kurz noch einmal auf das Tachometer, bevor er langsamer wurde: 79 innerhalb einer Ortschaft. Das vierte Mal in 4 Monaten. Wie konnte ein Typ denn so oft erwischt werden? Als er sein Auto auf 10 km/h abbremste, fuhr Andi rechts ran. Der Polizist, der ihn angehalten hatte, stieg aus seinem Auto aus. Mit einem dicken Notizbuch in der Hand. Christian? Christian aus der Kirche? Andi sank tiefer in seinen Sitz.

Das war nun schlimmer als der Strafzettel. Ein christlicher Bulle erwischt einen Typen aus seiner eigenen Kirche. Einen Typen, der etwas angespannt war, nach einem langen Tag im Büro. Einen Typen, der morgen Golf spielen wollte. Als er aus seinem Auto sprang, erblickte er den Polizisten, den er jeden Sonntag in der Kirche sah. Er hatte erst nur den Mann in Uniform gesehen.

"Hi Christian. Komisch, dass wir uns so wieder sehen!"

"Hallo Andi." Kein Lächeln.

"Ich sehe du hast mich erwischt in meiner Eile nach Hause zu kommen, um meine Frau und Kinder zu sehen."

"Ja, so ist das." Christian, der Polizist schien unsicher zu sein.

"Ich bin in den letzten Tage erst sehr spät aus dem Büro gekommen. Ich denke auch, dass ich die Verkehrsregeln nun mehr als einmal gebrochen habe." Andi war nervös und ungeduldig. " "Verstehst du, was ich meine?"

"Ich weiß, was du meinst. Ich weiß auch, dass du soeben ein Gesetz gebrochen hast."

Aua. Dies geht in die falsche Richtung. Zeit die Taktik zu ändern. "Bei wie viel hast du mich erwischt?"

"Siebzig. Würdest du dich bitte wieder in dein Auto setzen?"

"Ach Christian, warte bitte einen Moment. Ich habe sofort auf den Tacho geschaut, als ich dich gesehen habe! Ich habe mich auf 65 km/h geschätzt!" Andi konnte mit jedem Strafzettel besser lügen.

"Bitte Andi, setz dich wieder in dein Auto."

enervt quetschte Andi sich durch die noch immer offene Türe. Ein Knall und die Tür war zu. Er starrte auf sein Armaturenbrett. Christian war fleißig am schreiben auf seinem Notizblock. Warum wollte Christian nicht Führerschein und Papiere sehen? Was auch immer der Grund war, es würden einige Sonntage vergehen, bis er sich in der Kirche wieder neben diesen Polizisten setzen würde.

Christian klopfte an die Tür. Er hatte einen Zettel in der Hand. Andi öffnete das Fenster, maximal 5cm, gerade genug, um den Zettel an sich zu nehmen. Christian gab ihm den Zettel durch. "Danke." Andi konnte die Enttäuschung nicht aus seiner Stimme halten. Christian setzte sich wieder ins Auto ohne ein Wort zu verlieren. Andi wartete und schaute durch seinen Spiegel zu. Dann faltete er den Zettel auf. Was würde ihn dieser Spaß wieder kosten?

Hej! Warte mal! War das ein Witz? Dies war kein Strafzettel.

Andi las:
"Lieber Andi, ich hatte einmal eine kleine Tochter. Als sie sechs Jahre alt war, starb sie bei einem Verkehrsunfall. Richtig geraten, der Typ ist zu schnell gefahren. Einen Strafzettel, eine Gebühr und drei Monate Knast und der Mann war wieder frei. Frei um seine Töchter wieder in den Arm nehmen zu dürfen. Alle drei konnte er wieder lieb haben. Ich hatte nur eine und ich werde warten müssen, bis ich in den Himmel komme, bevor ich sie wieder in den Arm nehmen kann. Tausendmal habe ich versucht diesem Mann zu vergeben. Tausendmal habe ich gedacht, ich hätte es geschafft. Vielleicht habe ich es geschafft, aber ich muss immer wieder an sie denken. Auch jetzt. Bete bitte für mich. Und sei bitte vorsichtig, Andi. Mein Sohn ist alles was ich noch habe. Gruß Christian"

Andi drehte sich um und sah Christians Auto wegfahren. Er fuhr die Straße wieder runter. Andi schaute bis er nicht mehr zu sehen war. Erst ganze 15 Minuten später fuhr er langsam nach Hause. Er betete um Verzeihung und zu Hause angekommen nahm er seine überraschte Frau und Kinder in den Arm und drückte sie ganz fest. Das Leben ist so wertvoll. Behandle es mit Sorgfalt. Dies ist eine sehr wichtige Nachricht, bitte gib sie weiter an alle anderen Freunde. Fahr vorsichtig und mit Verständnis anderen gegenüber.  Vergiss nie, Autos kann man wieder kaufen - so viele man will. Menschenleben aber ....

Schon komisch, man bekommt 1000 "Witze" per Email zugeschickt und sie verteilen sich wie ein Feuer, aber wenn man anfängt nachdenkliche Briefe zu versenden, die auf das Leben anspielen, denken die Menschen zweimal nach bevor sie diese verteilen.

Komisch, wenn du diese Email weiter schickst, wirst du sie sicher nicht jedem aus deinem Adressbuch schicken, oder!?

Wie der Feuerwehrmann einen Einsatz erlebt

Am Beispiel eines realen Einsatzes, in diesem Fall bei einem Verkehrsunfall, möchten wir Ihnen schildern, wie ein Feuerwehrmitglied einen Einsatz erleben kann. Das Ganze ist nur eine Momentaufnahme aus unserem Einsatzgeschehen. Jeder Einsatz fällt unterschiedlich aus, jedes Mitglied erlebt Einsätze unterschiedlich. Nur die Rahmenbedingungen sind immer die selben.

Das gellende Alarmsignal des Piepers am Gürtel lässt mich zusammenzucken. Schon an der Tonfolge kann ich erkennen: Alarm wegen einer technischen Hilfeleistung. "Bestimmt ein Verkehrsunfall", durchfährt es mich. Denn gerade eben hatte ich in der Ferne Fahrzeuge mit Sondersignal gehört. Polizei oder Rettungswagen vermutlich. Es ist ein regnerischer Montagmorgen, etwa 8.40 Uhr. Vor einer Minute hatte ich meine Wohnung in Richtung Arbeitsstelle verlassen und war ins Auto eingestiegen. Die Zeitung unter dem Arm, die Gedanken beim geplanten Tagesablauf.

Verkehrsunfall.

Jetzt denke ich nur noch an eines: Zum Feuerwehrhaus fahren, so schnell wie möglich. Der Motor heult auf, ein kleiner Kavaliersstart. "Hier Florian Verden, Einsatz für die Ortsfeuerwehr Verden und Hönisch: Verkehrsunfall, eingeklemmte Person", quakt die Funkdurchsage aus meinem Pieper. Ich hatte leider recht. Während der Fahrt kurbel ich die Seitenscheibe herunter und stelle den magnetisch haftenden Dachaufsetzer mit der Aufschrift "Feuerwehr im Einsatz" auf das Autodach. Ein Hinweis für andere Verkehrsteilnehmer. Doch die gemächlich vor mir radelnde Radfahrerin kann das Schild natürlich nicht sehen. Ich überhole die Frau, weiter geht's in Richtung Feuerwehrhaus.

Zwei Minuten später treffe ich auf dem Hof der Feuerwehr ein, zeitgleich flitzt ein weiterer Kamerad mit seinem Wagen heran. "Was liegt an?" ruft er während er per Schlüsselsteuerung eines der Tore öffnet. Er hatte die Durchsage nicht verstanden. "VU, Person eingeklemmt" rufe ich zurück. Die Angabe ist wichtig, um zu wissen, welche Fahrzeuge wir zu besetzen haben. Bei diesem Stichwort rücken der Einsatzleitwagen, der Rüstwagen und das Löschgruppenfahrzeug 16 aus. Ich ziehe die über die Stiefel gekrempelte Einsatzhose hoch, schwinge mich in die orangene Feuerwehrjacke, Helm und Breitgurt nehme ich vom Haken und laufe zum Rüstwagen. Inzwischen eilen aus allen Richtungen die Kameraden auf den Hof. Ich steige in die Kabine des Rüstwagens und schalte das Funkgerät ein. "Florian Verden, von Florian Verden 80-40, Frage Einsatzort", funke ich zur Leitstelle. "Hier Florian Verden, 80-40, es geht auf die L 203, Richtung Blender, Höhe Betonwerk Hönisch, VU, Person eingeklemmt. Pkw frontal gegen Lkw." Ich melde, dass ich den Einsatzort verstanden habe und das Fahrzeug ausrückt. Zu diesem Zeitpunkt ist der Alarm noch keine drei Minuten her. "Die geschilderte Lage klingt nicht gut", denke ich. Ein Pkw-Fahrer hat meist wenig Chancen, wenn sein Wagen gegen einen tonnenschweren Lastwagen prallt.

Der Rüstwagen rollt vom Hof, die Blaulichter zucken auf, das Martinhorn ist auch im Innern des Wagen höllisch laut. Verschreckt weichen die Fahrzeuglenker vor uns zur Seite aus, eine Mutter hält ihrem Kind die Ohren zu. "Arm runter!" schimpft der Fahrer, als es auf eine Kreuzung mit roten Ampeln zugeht. Ich hatte versucht während der hektischen Fahrt mich an einem Griff festzuhalten - dummerweise versperrt das aber den seitlichen Blick für den Kameraden. Während der Fahrt ziehen wir uns Einweghandschuhe aus Latex über. Eine Vorsichtsmaßnahme. Bei einem Unfall kommen wir leicht mit dem Blut von Verletzten in Berührung. Mögliche Infektionen sollen so verhindert werden.

Nach knapp fünf Minuten Fahrt sehen wir vor uns den Verkehr stocken. Bremslichter, Blaulichter. Da ist es. Ein Sattelzug scheint beteiligt zu sein. Wir ziehen mit dem Einsatzfahrzeug auf der leeren Gegenfahrbahn bis unmittelbar zur Unfallstelle vor, vorbei an neugierig schauenden Autofahrern im Stau. "Das sieht nicht gut aus!" sage ich laut. Eigentlich überflüssig. Wird die Feuerwehr zu einem Unfall gerufen, handelt es sich meist um schwere Unglücke.

Ein älterer Golf ist mit der Fahrerseite gegen den Lastwagen geprallt und zusammengestaucht. Das Dach ist eingeknickt, die ganze Struktur verschoben. Glassplitter liegen rum, kleine Trümmerteile. Wir steigen aus, verschaffen uns einen ersten Überblick. Ein Rettungsassistent beugt sich zu dem bewusstlosen Fahrer ins Wrack, beatmet ihn mit einem Luftbeutel. Mir ist klar was das bedeutet: Der Mann schwebt in Lebensgefahr, aber es ist noch nicht zu spät. Die Atmosphäre ist gespenstisch. Nur der Motor unseres Rüstwagen läuft. Der Verkehr steht, Autofahrer recken neugierig ihre Hälse. Es ist, als hätte jemand die Zeit mit einem Standbild angehalten. In der Ferne hören wir weitere Martinhörner, die rasch lauter werden. Die Kollegen treffen mit dem Löschfahrzeug ein, kurz darauf auch die Kameraden der Hönischer Feuerwehr.

Es beginnt eine Materialschlacht. Fahrzeug und Fahrer sind äußerst ungeschickt unter dem Lastwagen eingeklemmt. Der Unfallwagen muss unter dem Lastwagen hervorgezogen werden, das Dach wird mit hydraulischer Schere abgetrennt. Alles in Absprache mit Notarzt und Rettungsassistenten. Klares Denken ist gefragt, es läuft ein Kampf gegen die Zeit. Wo ist nur dieses Werkzeug? Was brauchen wir noch? Jetzt bloss keinen Fehler machen.

Eine weitere Rettungswagenbesatzung kümmert sich um den geschockten Lastwagenfahrer, er wird vorsorglich ins Krankenhaus eingeliefert. Zum Glück. Wir hatten bislang keine Zeit um uns um ihn zu kümmern. Zeitweise saß der Mann alleine in seinem Fahrerhaus und betrachtete die Rettungsarbeiten vor der Stoßstange seines Lastzuges von oben.

Zwischenzeitlich landet ein Rettungshubschrauber auf der angrenzenden Wiese. Nach über eine Stunde ist es soweit: Der Verletzte kann aus dem Wrack gehoben werden, vorsichtig lagern wir ihn auf einer Vakuummatratze, unter anderem vor Rückenverletzungen schützen soll. Wie es ihm weiter ergehen wird, erfahren wir nie.

Als der Rettungshubschrauber abfliegt, löst sich die innere Anspannung. Es wird wieder gescherzt, Scherben zusammengekehrt, auslaufendes Öl abgestreut. Nach der Bergung des Fahrzeugs durch ein Abschleppunternehmen geht es wieder zurück zum Feuerwehrhaus. Ausziehen der Einsatzkleidung, Eintragen in die Einsatzliste und schnell wieder nach Hause. Schon wieder geht es an diesem Morgen unter die Dusche, ich bin völlig verschwitzt. Die vor wenigen Stunden frisch angezogene Kleidung landet im Schmutzwäschekorb. Anruf am Arbeitsplatz: "Ich hatte einen Einsatz und komme etwas später." Die Kollegen kennen das schon und murren nicht. Später wollen sie kurz wissen, was denn passiert ist. Mit wenigen Sätzen fasse ich die Erlebnisse zusammen und beginne dann mit meiner Arbeit. Der Alltag geht weiter.

... und keiner geht hin

Es prasselt, als würde jemand Erbsen auf ein Dachfenster fallen lassen, aber es kommt nicht von oben. Es kommt durch das geöffnete Schlafzimmerfenster. Und erst als wir davon wach werden, können wir das Feuer auch riechen und sehen. Als wir nach draußen rennen, beleuchtet der Widerschein des Feuers die Szene mit seinem typisch unruhigen Licht. Außer dem Besitzer des Anwesens und uns ist nur noch ein weiterer Nachbar da. Beide bemühen sich, den Brand mit Gartenschläuchen in Schach zu halten. Der Rest der Leute aus den benachbarten Häusern, der nicht schon im Urlaub ist, verbringt den Sommerabend wohl irgendwo anders bei Freunden und Bekannten. Die Gefahr ist offensichtlich: Die Bauhütte brennt bereits lichterloh und es ist nur eine Frage der Zeit, bis das Feuer auf den Neubau übergreifen wird. "Ich habe die Feuerwehr schon gerufen..." sagt der Besitzer. "Vor 20 Minuten..." fügt er resigniert hinzu. Alle nicken verstehend. Es dauert nun mal seine Zeit, bis die Feuerwehr kommt, wenn man nicht in der Stadt wohnt, wo es eine Berufsfeuerwehr gibt, die rund um die Uhr besetzt ist. Das Problem liegt aber nicht in der Entfernung - das alte Zeughaus liegt nur etwa fünf Minuten von uns entfernt...

Da hören wir das Martinshorn und man kann auch das Flackern des Blaulichtes schon sehen. Der Besitzer des Grundstückes läuft ihnen entgegen, damit nicht noch mehr Zeit verloren geht. "Mensch - so ein Glück, dass die schon da sind..." seufzt der andere Nachbar erleichtert und blickt auf seinen Gartenschlauch. "Damit kommt man ja wirklich nicht weit..." Nur zwei Mann sitzen im Löschfahrzeug. Und wie zu erwarten, sind es Pensionäre. Einer der beiden, der wie ich weiß, schon über 60 ist, aber immer noch sehr dichtes, dunkles Haar hat, verschafft sich rasch einen Überblick. "Der war früher der Kommandant, als die Freiwillige Feuerwehr noch mehr Mitglieder hatte. Unser Glück, dass der da ist. Eigentlich dürfte er in seinem Alter gar nicht mehr..." Der Alte trifft rasch seine Entscheidungen: "Hans, Du versuchst erst mal den Brand mit dem Tankwagenschlauch vom Neubau wegzuhalten, bis ich denen hier gezeigt habe, was zu tun ist... Ihr kommt mit und helft mir, eine Saugleitung vom Löschteich aufzubauen." "Und was ist mit der Bauhütte?" fragte ich. Der Alte sah mich skeptisch an: "Die ist eh nicht mehr zu retten. Die Zeiten, wo wir genug Leute hatten, um einen Brand zu bekämpfen, sind vorbei. Heutzutage verwalten wir hauptsächlich das Feuer, das wir vorfinden. Also los!"

Eigentlich war es erstaunlich, dass wir den Neubau retten konnten. Und hätten uns die beiden Alten nicht so klare Anweisungen gegeben, wir hätten wohl nie Wasser in die großen Schläuche bekommen.

Als wir vor den glimmenden Resten der Bauhütte standen, meinte meine Freundin: "Das war knapp." "Da haben wir schon Schlimmeres erlebt." entgegnet der Alte. "Das war ja nichts Großes. Wir waren nur viel zu wenige. Erst recht zu wenige Ausgebildete.. zwölf Aktive... damit kommt man nicht über die Urlaubszeit."

"Aber warum werden dann nicht mehr ausgebildet?" frage ich. "Weil keiner kommt, wenn man was macht - weil keiner Zeit hat. Eine Jugendgruppe haben wir, aber nach der Ausbildung gehen sie meist in die alten Bundesländer, weil sie bei uns nun mal keine Lehrstelle finden, denn bei der Feuerwehr verdient man nicht seinen Lebensunterhalt. Freiwillige Feuerwehr - so etwas kostet nun mal Zeit. Die Zeit, die man beim Einsatz nicht hat, die braucht man zum Üben." Er will gerade weiterreden, als ein Piepsen ertönt. "Alarm!" sagte der Alte und hält mir den Feuerwehr-Piepser hin. Aber das Gerät hört nicht auf... piep... piep... piep...

Piep piep piep ... - ich schlage die Augen auf. Wie immer drücke ich zuerst auf dem Wecker herum, weil ich denke, dass er es ist. Aber beim Blick auf die Uhr wird mir klar, dass es erst viertel nach drei ist. Samstag Nacht. Meine Freundin ist auch wach. "Piepser?" fragt sie schlaftrunken. "Ja", sagte ich, "Alarm!"

Keine Frage, wir werden jetzt rasch in die Klamotten springen und mit dem Auto zum Feuerwehrgerätehaus fahren.

Wir wollen es.

Wir haben uns freiwillig dafür entschieden. Und deshalb müssen wir jetzt auch - ziemlich egal wann. Ob es draußen kalt oder warm ist. Denn stellt euch vor, es gibt eine Freiwillige Feuerwehr und keiner geht hin. Stellt euch vor, es brennt und keiner kommt löschen...

Feuerwehrmann, du hast keine Chance

Wenn wir im Verkehrsstau 40 Sekunden lang aufgehalten werden, sagen die Leute: "Sie brauchen 20 Minuten, um herzukommen!"

Wenn wir mit 60 km/h durch die Straßen fahren, sagen sie: "Schaut euch die rücksichtslosen Spinner an!"

Wenn Feuerwehrleute Fenster eindrücken, um die Ventilation der Hitze bei der Brandbekämpfung zu verringern, sagen sie: "Seht euch die Kaputtmacher an!"

Wenn wir den Fußboden aufreißen, um an den Brandherd zu gelangen, sagen sie: "Da läuft die Holzfällerbande!"

Wenn der Zugführer weit hinten steht, von wo er seine Männer sehen und leiten kann, sagen sie: "Er hat Angst dahinzugehen, wohin er seine Leute schickt!"

Wenn wir ein Gebäude verlieren, sagen die Leute: "Das ist eine lausige Feuerwehr!"

Wenn wir schnell mit dem Feuer fertig sind, sagen sie: "Es war kein richtiges Feuer!"

Wenn viel Wasser benötigt wird, sagen die Schaulustigen: "Die richten mit dem Wasser mehr Schaden an, als das Feuer selbst!"

Wenn ein Feuerwehrmann verletzt wird, sagen alle: "So ein leichtsinniger Bursche!"

Wenn er im Einsatz sein Leben lässt, sagen sie zu seiner Familie: "Damit musste er rechnen, als er zur Feuerwehr ging!"

Armer Feuerwehrmann, Du kannst es niemandem Recht machen!

Gedanken nach der Feuernacht in Tamsweg

Der eine hatte das beste Pfort schon angezogen und war am Weg zu einer Feier, der andere war als Pendler auf dem Heimweg nach einer anstrengenden Woche, in Gedanken bei Frau, Famillie und Wochenende. Der Dritte war am Traktor und hatte nur mehr wenige Fuhren Heu zum einführen. Viele bereiteten sich auf das WM Spiel vor, das Bier eingekühlt, die Grillage vorbereitet. So mancher jüngere war in Partylaune, am Marktplatz sollte es ja bald rundgehen. Dann ging die Sirene. Dann kam das SMS, dessen Absender LAWZ schon nichts Gutes ankündigte. Kurz darauf waren sie alle im Zeughaus, hatten Einsatzgewand und Schuhe übergezogen und waren mit Blaulicht unterwegs zum Marktplatz in Tamsweg. Manch einer überlegte noch, wer der Maier sein könnte, oder welches Haus am Marktplatz die Nr 5 hat. Bald war es allen klar: DER Maier, der Gambswirt brannte! Das Gebäude ist für viele mit Erinnerungen verbunden, hier wurde geheiratet, Familien- Vereinigten- und andere Vereinsfeiern abgehalten, nach Begräbnissen getrauert, bei Sitzungen gestritten und anschließend wieder versöhnt. Für so manchen ein Ersatzwohnzimmer und Ort mit viel Erinnerungen. Rasch war aus der vorbereiteten Partymeile am Marktplatz ein Katastropheneinsatzzentrum geworden. Blitzschnell war die Murgasse voller Schläuche, Pumpen waren aufgebaut, Tankwägen als Relaisstationen dazwischengeschalten, der Atemschutzzug aufgebaut und alle waren sie im Einsatz. Alte Haudegen wie junge, für manchen der erste Einsatz nach vielen Jahren mit Übungen bei der Feuerwehr. Sie gingen mit Atemschutz in das brennende Gebäude, kletterten über die Drehleiter auf das Dach der Nachbargebäude und machten, was sie jahrelang geübt hatten, wofür sie zur Feuerwehr gegangen waren: Helfen

Und sie hielten die ganze Nacht durch, die Männer und Frauen der Freiwilligen Feuerwehren aus dem gesamten Lungau. Jeder/e in seiner/ ihrer Funktion. Der Maschinist an der Pumpe, ebenso wie die Logistikerin des Atemschutzzuges oder die Schlauchwachen.Sie unterhielten sich, man traf schliesslich auch alte Bekannte, spekulierte über Ursachen und und wie es wohl ausgehen würde und sie unternahmen alles, um den Schaden so gering wie möglich zu halten. Genau wie die Frauen und Männer des Roten Kreuzes, der Polizei, des Energieversorges sowie der Gemeinde und der Bezirkshauptmannschaft. Unterstützt wurden sie von Kameraden aus dem Pongau und Tennengau, später auch von zivilen Firmen und die meiste Nacht von Nachbarn, wie dem Metzger, der seinen Wurst- und Semmelvorrat aufbrauchte, die Bürodamen, die als "Marketenderinnen" Kaffee verteilten, der Wirt, der auch mal ein Getränk stundete und sich nicht über die Benutzung der WC beschwerte, der Brunnenbauer, der mit Wissen und Pumpen zur Stelle war - und auch der Bürgermeister.
Sie zeigten, wie stark der Zusammenhalt eines ganzen Bezirkes sein kann, was Nachbarschaftshilfe bedeutet. Welch großartiges System, das ist, wenn man sich nicht einfach auf eine Berufsfeuerwehr verlässt, die "das schon machen" würde.

Was nehmen wir übrigen mit, die wir aus Neugierde zu nahe zum Einsatzort gegangen sind, die wir vielleicht sogar noch die letzte Absperrung überwinden wollten um "live" dabei zu sein?
Wir können nur danken!
Danke für Euren Einsatz!
Danke, daß ihr schlimmeres verhindert habt, nicht vorzustellen, wie Tamsweg sonst heute aussehen würde!
und vor allem Danke, daß ihr schon lange bereit wart, euch für Einsätze wie diesen zur Verfügung zu stellen!

Und wir können noch was tun: Wir können überlegen, wieso wir nicht dabei sind, welche Ausreden uns hindern, unseren Beitrag für die Gemeinschaft zu leisten. Und wir können uns und unsere Umgebung auffordern: "Gehts zuwa" Es muss ja nicht die Feuerwehr sein. Da gibt es noch Rettung/ Rotes Kreuz, Telefonseelsorge, Bergrettung, aber auch Berg- und Naturwacht, Landjugend, die lokale Bibliothek, den Chor, und viele weitere Vereine, die sich um die Gemeinschaft kümmern. "gehts zuwa" - macht mit bei mindestens einer Organisation, die sich zum Ziel gesetzt hat, den anderen zu helfen und beizustehen. Als Mütter sollten wir unseren Söhnen dazu raten, als Väter es unseren Töchtern nicht ausreden. Und "gehts zuwa", wenn einer dieser Vereine eine Veranstaltung, ein Fest ausrichtet oder einfach nur eine Sammlung macht - alles, um sich zu finanzieren. Die Frauen und Männer sollen unseren Dank für Ihren Einsatz auch daran merken, daß wir zu Ihnen kommen, wenn sie uns benötigen.

Das sollten wir uns vornehmen, das ist nicht so schwierig, das lässt sich einrichten.

Jeden Samstag um 12 Uhr erinnern uns die Sirenen an diesen Vorsatz. Und spätestens bei der bundesweiten Sirenenprobe am 4. Oktober sollten viele von denen, die bis hier fertiggelesen haben, unten als Kommentar dazuschreiben können "Ich bin dabei".


Quelle: Bezirksblätter, Hans Michael Jahnel